Ausgeschieden (Phase 1 | 1. Rundgang)
Phase 1
Projektbeitrag
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Quickfacts:
Büro: planbar.architektur I Krämer Faber Architekten PartmbB, Aachen
Verfasser: Heiko Faber
Mitarbeiter: Jochen Krämer, Collin Hackenbroich
Büro: pvma – pfeiffer.volland.michel.architekten GmbH, Aachen
Verfasser: Ben Michel
Mitarbeiter: Arnaud Charoy, Thilo Haas, Anke Mannshausen, Melina Blatt, Nadja Nießen, Lisanne Wingels
Bauphysik: blauphysik GmbH, Düsseldorf
Tragwerk: IBZ Ingenieure, Merzig
Büro: SOWATORINI Landschaft, Bochum
Verfasser: Sebastian Sowa
Mitarbeiter: Gianluca Torini, Bastian ten Haaf
Büro: Ingenieurbüro Nordhorn GmbH & Co. KG, Münster
Verfasser: Klaus Nordhorn, Ansgar Wilken
Das Urheberrecht obliegt den zuständigen Planungsteams und den Verfassern.
Leitidee & Entwurfskonzept
Das Wettbewerbsgrundstück befindet sich in der hoch fertilen zülpicher Börde. Heute wird die Börde durch sehr fragilen Baumbestand, hoher Agrarnutzung und deren starken linearen Grundstrukturen geprägt. Im aktuellen Bestand werden drei Qualitäten identifiziert: die markante historische Obstwiese, die linearen Strukturen der Ackerflächen und kleine Baumbestände in ortstypischen Senken.
Der Neubau des Brainergy Hub soll einen neuen Ort des Wissens repräsentieren und weit mehr als nur rein funktionale Aufgaben erfüllen. Mit seiner stadträumlichen Qualität soll das neue Herzstück des Brainergy Village den Brainergy Park prägen und mit seiner architektonischen Identität repräsentieren. Das Hub soll Werte wie Nachhaltigkeit, Innovation und Offenheit vermitteln die sowohl der Institution Brainergy Park wie auch dem eigentlichen Projekt zugrunde liegen. Es entsteht ein synergetischer Ort von programmatisch höchster Dichte, der sich vielfach – in Blick und Weg – mit dem Brainergypark vernetzt.
Der Entwurf richtet sich an eine von Austausch und Kommunikation geprägte Arbeitsatmosphäre. Die gemeinsame Mitte des Gebäudes schafft dementsprechend eine visuelle und räumliche Transparenz der inneren Raumabfolge am Erschließungsraum und bildet so eine Zone des informellen Austauschs zwischen den Büromodulen und den halböffentlichen Nutzungen der studentischen Arbeitsplätzen und Werkstätten. Die Treppenfigur macht die kollektive Mitte erfahrbar und verknüpft die Multifunktionsräume auf repräsentativem und kurzem Wege mit dem Foyer. Die beiden Innenhöfe strukturieren den Baukörper und stellen sicher das auch die Tiefen des Gebäudes ausreichend Tageslicht bekommen.
Typologisch schlagen wir ein hybrides Gebäude vor: Im Erdgeschoss befinden sich die spezifisch öffentlich zugänglichen Nutzungen, die entlang der Erschließungsachse angeordnet sind. Aus dem Sockel erwächst ein Gerüst, das die Flexibilität der Büromodule zum einen und die Flächen der Werkstätten und Arbeitsräumen auf der anderen Seite aufnimmt.
360° Ansicht
Präsentation
Erläuterungsbericht
Der Brainergy Park ist ein Ort im Werden. Die geplante Entwicklung des Gebiets birgt die Herausforderung, eine eigene Identität zu entwickeln und zu einem Ort höchster programmatischer Dichte zu werden. Der Hub ist als Kommunikationsmittelpunkt des gesamten Parks zu verstehen, dementsprechend schlagen wir einen Neubau vor der seine städtebauliche Bedeutung über die Beziehung des Volumens zu seinem Umfeld und die Aktivierung dieses Potenzials versteht.
Die Rotation des Baukörpers innerhalb der städtebaulichen orthogonalen Setzung des Masterplans, soll die besondere Stellung und Funktion des Brainergy Hub betonen und sich so von der entstehenden Umgebungsbebauung absetzen. Die Rotation bildet außerdem Ausdehnungen und Verjüngungen im Freiraum. Diese raumbildende Maßnahme ermöglicht differenzierte Platzsituationen mit hohen Aufenthaltsqualitäten.
Freiraum Das Konzept für den Außenraum entwickelt sich aus einer Auseinandersetzung mit Lage des Areals, die umgeben ist von der Kulturlandschaft der Jülich-Zülpicher Börde, auf einem Hochpunkt in der Landschaft. Das Konzept sieht in dem Standort des Hubs ein Feld des Wissens und transformiert die Parallelität und Linearität der umgebenden Ackerflächen in einen Streifencode, der sich über den Platzraum legt und der sich in die Struktur der Streuobstweise und den Anschluss zum Energygarden hineindreht. Der Code bleibt dabei nicht rein grafisch, sondern arbeitet sich durch Absenkungen und erhabene Bereiche als dezente Topografie in den Raum.
Wasser Der Entwurf sieht im Feld des Wissens eine Struktur, in die ein dezentrales System aus Retentionsvolumen eingebettet ist. Von den Dachflächen des Gebäudes aus, füllen sich diese Volumen bei Regen mit Wasser und ziehen sich dann, als feines Netz aus schmalen Wasserflächen, über das Feld. Nach dem Regen zieht sich das Wasser allmählich zurück. Das Feld des Wissens thematisiert Wasser – und die Endlichkeit dieser Ressource.
Vegetation Der Entwurf zieht die seinerzeit ortstypische Waldtypologie in das neue Wissensfeld hinein. In Streifen, die teilweise eingesenkt sind, gedeihen Baumgesellschaften, die aus dem Potenzial der potenziell natürlichen Vegetation schöpfen; dieses Potenzial aber weiter in Richtung von klimaresistenten Bäumen denken. Gerade die Eichenwälder bieten mit zahlreichen Bäumen aus der submediterranen Zone zahlreiche überstauungsresistente Arten, die vom Klimawandel profitieren.
Nutzung Im Zentrum des Konzeptes steht die Aufenthaltsqualität für die Besucher und die Menschen, die im Hub arbeiten. Der Platz bietet die Möglichkeit, sich in ein breites Spektrum an räumlichen Atmosphären zu begeben. Die unterschiedlichen Maßstäbe und Beschattungen bieten Rückzugsmöglichkeiten, Außenräume zum Arbeiten und zum informellen Austausch. Dabei erhalten die befestigten Partien des Platzes, trotz der lebendigen, grünen Anmutung, die Funktionalität des Platzes. Im zentralen Bereich rund um das Gebäude bleibt der Platzraum offen und passierbar.
Der repräsentative Haupteingang des Brainergy Hub befindet sich zur allseitigen Erschließung am großzügigen Innenhof an räumlich zentraler Stelle und bildet damit einen gut auffindbaren Anlaufpunkt. Im Erdgeschoss verankert das Foyer mit der angrenzenden Lounge und der Startup Beratung im Süd-Westen und das Restaurant im Nord-Osten den öffentlichen Raum. Der offene Vorplatz erweitertet den Außenraum ins Gebäude und schafft so einen fließenden Übergang der Außenanlagen zum Foyer. Der unabhängige Zugang für die Mitarbeiter wird über die Kerne jederzeit gewährleistet, auch wenn das Foyer geschlossen ist. Der notwendige Anlieferungsverkehr kann direkt bis an die westlich gelegenen Eingänge vorfahren.
Die jeweiligen Geschosse werden durch das zentrale Foyer optimal vertikal und barrierefrei erschlossen. Die transparente Mitte bildet den Ausgangspunkt für die Nutzungsbereiche wie Büromodul, Konferenz oder Co-Working und gibt somit eine gute und sichtbare Orientierung im Gebäude. Ergänzend zur hohen Durchlässigkeit, die den Austausch untereinander fördern soll, bietet das Erschliessungssystem ein klare Zonierung und Adressbildung auch auf den einzelnen Ebenen. Module sind flexibel zusammen schaltbar und bieten auch die Möglichkeit zur externen Vermietung. Andienung und Warenströme sind zentrale im Erdgeschoss verortet, die vertikale Anbindung an den Eventbereich im Dachgeschoss erfolgt über einen eigenen Erschliessungskern.
Wir schlagen den Neubau in einer ausgewogenen Kombination aus traditioneller Holzbauweise, Holzbetonverbunddecken und vorgefertigten Fassadenelementen vor. Das Primärtragwerk des Gebäudes wird durch die Gebäudehülle nach außen geführt, strukturiert und rhythmisiert die Fassade in der ersten Ebene. Die innere Modularität des Gebäudes wird so von außen ablesbar. Die Tragwerksköpfe werden durch senkrechte Holzelemente miteinander verspannt und so der vertikale Rhythmus gesetzt.
In der zweiten Ebene werden zwischen den Geschossen zu den Tragwerksköpfen zurückversetzte horizontale Fassadenblenden ausgeführt, die den außenliegenden Sonnenschutz aufnehmen und den waagerechten Rhythmus des Gebäudes bilden. Die entstehenden Felder werden entsprechend der dahinter liegenden Nutzung in der dritten Ebene durch geschlossene oder transparente Elemente gefüllt.
Geschlossene Elemente werden als gedämmte Holzrahmen-Module mit hohem Vorfertigungsgrad ausgebildet. Außenseitig werden in Abhängigkeit von der Himmelsausrichtung der Fassade PV-Elemente vor die Module gesetzt, die zur Steigerung der Effizienz aus der Senkrechten heraus geneigt sind. In den übrigen Bereichen nehmen Holztafeln mit gleicher Neigung das Bild auf und differenzieren das Fassadenbild weiter. Offene Elemente werden durch Holz-Aluminium-Fenster gebildet.
Die Vorfabrikation ermöglicht mit der konsequenten Rasterung und Repetition über die Geschossen eine schnelle, ökologische und kostenoptimierte Bauweise. Die kompakte Flächenorganisationen, einer daraus resultierenden optimierten Fassade lassen eine wirtschaftliche Holzbauweise zu. Diese ermöglicht einen hohen Vorfabrikationsgrad und lässt eine wirtschaftliche Realisierung erwarten.
Energiekonzept
Für den Neubau des Brainergy-Hubs wurde ein Energie- und Raumklimakonzept erstellt, das zum einen durch die Nutzung regenerativer und ökologischer Energien besticht, zum anderen ideale Innenraum-Klimaverhältnisse schafft. So wurden Raumklimasysteme gewählt, die höchsten Nutzerkomfort erlauben und durch intelligente Gebäudeautomation energiesparend eingesetzt werden.
Die Kälte- und Wärmeversorgung erfolgt über eine Wärmepumpenanlage, die das vor Ort zu Verfügung stehende Low-Ex-Netz nutzt. Zusätzliche Umweltwärme bezieht die Anlage über Naturwärmespeicher, die in das Außenanlagenkonzept einbezogen werden.
Die Raumkonditionierung erfolgt im gesamten Gebäude über Heiz- und Kühldecken. Im Foyer und der Gastronomie wird die Raumkonditionierung sowohl im Sommer als auch im Winter über ein Fußbodenheizungs- / kühlsystem realisiert. Innenliegende Bereiche sowie Räume ohne Fenster mit einer nicht büroähnlichen Nutzung werden über die Lüftungsanlagen, gegebenenfalls durch Heizkörper bzw. Fußbodenheizung ergänzt konditioniert. Die Trinkwarmwasserbereitung erfolgt mit Ausnahme des Küchenbereichs über dezentrale elektrische Durchlauferhitzer.
Die Räume können manuell über Fenster belüftet werden, erhalten jedoch zusätzlich eine unterstützende mechanische Be- und Entlüftung. Die mechanische Belüftung wird über CO2–Sensoren gesteuert. Die Kühlung der Luft erfolgt über eine indirekte, adiabate Verdunstungskühlung der Abluft in Verbindung mit der Nutzung von hocheffizienten Wärmetauschern zur Wärmerückgewinnung. Die befeuchtete und dadurch abgekühlte Raumabluft kühlt so die warme Außenluft stark ab. Ohne Verwendung von zusätzlichen Kälteaggregaten kann so die Zuluft gekühlt in die Räume eingebracht werden.
Durch Umgehung der Wärmerückgewinnung über einen Bypass kann im Sommer nachts kühle Luft in das Gebäudeinnere eingebracht werden. Durch diese Nachtkühlung wird die Speichermasse zusätzlich abgekühlt und kann die gespeicherte Kälte im Laufe des Tages an die Räume abgeben.
In den Gebäuden werden ausschließlich LED Leuchten verwendet. Hohe Reflexionsgrade an den Decken und Wänden (Böden) gewährleisten eine minimale Bestückung der Leuchten.
Eine Beleuchtungssteuerung in den Verkehrsflächen erfolgt über die übergeordnete Regelung. Über Sensoren wird der Tageslichteinfall erfasst, erst ab einer Unterschreitung der notwendigen Mindestlichtstärke wird die Beleuchtung zugeschaltet. Alle niedrig frequentierten Räume werden präsenzabhängig geschaltet. Dies gewährleistet die Zuschaltung der Beleuchtung nur bei Bedarf.
Zur weiteren energetischen Optimierung des Gebäudes werden auf den Dächern und in der Fassade Photovoltaik-Module vorgesehen. Die Verteilung der Module auf der Fassade folgt der Auswertung durch eine Sonnenstands-Simulation. Durch Einsatz von Stromspeichern ist die Verwendung des gewonnenen Stroms zur Eigennutzung möglich.
Die Spülkästen sowie die Urinalanlagen der stark frequentierten WC-Anlagen im Erdgeschoß werden mit Regenwasser versorgt. Zusätzlich kommen sensorgesteuerte Wasserspararmaturen an den Waschtischen zum Einsatz. Die Bewässerung der intensiv und extensiv genutzten Dachflächen erfolgt gleichfalls mit Regenwasser.
Es wird ein zentrales Gebäudemanagement vorgesehen, dass die relevanten Betriebsdaten überwacht und Energieflüsse anzeigt. Durch das Gebäudemanagement wird das Betriebsverhalten des Gebäudes analysiert und der Energiebedarf optimiert. Um das System effektiver nutzen zu können, wird über eine Wetterprognosestation frühzeitig prädiktiv das System eingestellt.
Einen wesentlichen Beitrag für den höchsten energetischen Standard leistet die architekturseitig geplante nachhaltige Holz-Hybridbauweise der Gebäudehülle mit kleinstmöglichen U-Werten und einem optimalen Flächen / Volumenverhältnis sowie die effektiven Sonnenschutzvorrichtungen (außenliegend, flexibel) und ressourcenschonende Gebäude-Temperierung . Neben der Minimierung der Wärmeverluste, wird mit der vorliegenden Konzeptionierung den bauphysikalischen und Nachhaltigkeitsanforderung entsprochen, durch bauliche Maßnahmen weitgehend zu verhindern, dass bei der Gebäudenutzung durch Sonneneinträge unzumutbar hohe Innentemperaturen entstehen. Aufwendige apparative und energieintensive maschinelle Kühlmaßnahmen werden dadurch weitestgehend reduziert. Auch für die Raumbereiche mit Anlagen zur maschinellen Kühlung entspricht dieser Ansatz einem schonenden Umgang mit Ressourcen, da alle baulichen Möglichkeiten zur Begrenzung solarer Wärmeeinträge ausgeschöpft werden. Hinzu kommt, dass die geplante Kühlung durch Naturwärmespeicher einer passiven Kühlung entspricht und dementsprechend bei der Nachweisführung gemäß DIN 4108-2 voll angesetzt wird. Somit wird in den Aufenthaltsräumen eine optimale thermische Behaglichkeit mit passiven Maßnahmen auf vollständiger Basis von Umweltenergien gewährleistet. Die Randbedingungen des Energiekonzepts werden in der jetzigen Planungsphase mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Anforderungen aus der Auslobung festgelegt.
Die Anforderungen der DGNB-Standard Gold „DGNB Büroneubau“ werden durch die Planung eingehalten. Bei der Entwurfsplanung wurden in allen Schritten die einschlägigen Anforderungen der Zertifizierung berücksichtigt.
Das vorliegende bauliche Konzept erfolgt auf Basis der folgenden Ansätze, bezogen auf die U-Werte sowie dem Sonnenschutz:
Hierbei handelt es sich um vorläufige Annahmen. Eine Konkretisierung des Dämmkonzepts erfolgt in den weiteren Planungsphasen durch eine thermisch-dynamische Gebäudesimulation. Der spezifische Transmissionswärmeverlust des Gebäudes beträgt HT ≤ 0,35 W/m²K. Der berücksichtigte Wärmebrückenzuschlag beträgt 0,019 (< 0,02). Der Sonneneintragskennwert beträgt maximal Smax = 0,6.
Hinsichtlich der natürlichen Belichtung (Tageslicht Versorgung) des Gebäudes sei auf die Fensterflächen und auf die Anordnung der Dachflächenfenster im oberen Bereich verwiesen. Neben einer erhöhten Nutzung natürlicher Ressourcen werden gleichzeitig Lastansätze durch Kunstlicht reduziert.
Darüber hinaus werden die Anforderungen gemäß Gebäudeenergiegesetzt GEG (Gültig ab 01.11.2020) eingehalten. Diese werden durch die energetisch optimierten Ansätze und Anlagentechnik deutlich unterschritten. Es wird angestrebt die Anforderungen der Bundesförderung für effiziente Gebäude BEG NWG 40 (bisher KfW EFH 40) einzuhalten.